Papier vs Bildschirm: Warum unser Gehirn Bücher liebt

Die landläufige Meinung ist ja, dass Papier völlig überflüssig und reaktionär ist, und außerdem die Umwelt zerstört. Natürlich bringt die Digitalisierung zweifellos viele Vorzüge, die ich auch sehr zu schätzen weiß und genieße. Und gerade in diesem Moment sitze ich schließlich auch am Computer und klappere diesen Blogbeitrag in die Tasten. Warum wir aber Bücher und andere Printmedien und überhaupt Papier trotzdem nicht ganz aus unserem Leben verbannen sollten, erkläre ich in diesem Blogbeitrag.

Papier berührt

Papier spricht mehrere kognitive Sinne an: Papier ist haptisch, Papier riecht gut (auch hören, wenn man es entsprechend behandelt.) Es ist ein Stück Kultiviertheit. Inhalte haben in gedruckter Form mehr Substanz, als online. Im Grunde ist es ganz einfach: Was wir berühren, berührt uns. Wenn wir Dinge in den Händen halten, fühlen wir uns mit ihnen verbunden. „Das kann ich auch mit meinem Tablet.“ sagst du? Moment, es geht noch weiter.

Wie unser Gehirn arbeitet

Es gibt tatsächlich einige Studien, die belegen, dass der Mensch Informationen besser versteht, wenn er sie auf Papier liest, statt am Bildschirm. Eine Studie aus dem Jahr 2013 von Mangen, Walgermo und Brønnick ergab, dass Studenten, die Texte auf Papier lasen, bessere Ergebnisse bei Verständnisfragen erzielten als diejenigen, die die Texte auf einem Bildschirm lasen. Denn das Lesen auf Papier führt zu einer tieferen Verarbeitung und somit zu einer besseren Erinnerung.

Dies ist unter anderem auf die haptische Erfahrung, des physischen Kontakts mit dem Papier und dem Blättern der Seiten zurückzuführen. Das liegt an der Art und Weise wie unser Gehirn arbeitet. Mehr als die Hälfte unseres Denkapparates ist auf die Verarbeitung sensorischer Empfindungen spezialisiert- und Berührungen spielen dabei eine dominierende Rolle. Haptische Empfindungen feuern winzige elektrische Impulse über das Rückenmark durch unser Gehirn, wo sie ihre Spuren hinterlassen-in Form einer neuen Verbindung zwischen den Neuronen. Jede Berührung verändert also dauerhaft unser Bewusstsein. Der Effekt: Erinnerung. Dabei unterscheiden Psychologen zwischen der reinen Abrufbarkeit-einer relativ schwachen Form des Erinnerns-und dem tierfergehendem Wissen, also einer deutlich stärkeren kognitiven Verknüpfung. Wenn wir etwas Angenehmes oder Ungewöhnliches berühren, während wir uns geistig damit beschäftigen, stärkt dies unsere Verbindung zu den Inhalten auf signifikante Weise. Physisches Material erscheint dem Gehirn im wahrsten Sinne des Wortes realer und lebendiger.

Und dann ist da noch das Thema Ablenkung

Wir stehen ja in einem sehr schnelllebigen digitalen Zeitalter, in dem im Minutentakt Nachrichten und Informationen auf uns einprasseln und wir jederzeit Zugriff auf Wissen und Infos haben. Permanent sind wir (zumindest gedanklich abgelenkt). Wir verlieren die Geduld, wenn ein Text länger ist, als ein Tweet oder eine Bildunterschrift auf Instagram (wenn du meinen Beitrag geschafft hast bis hierher zu lesen: Gratuliere!) Es ist wie Fast Food fürs Gehirn. Ein schnelles “reinsnacken”. Denn anders als an einem Bildschirm, an dem wir Texte nur hastig überfliegen und schnell weiterswipen und scrollen und den Worten hinterherjagen, muss man sich in ein Buch, das man wirklich in der Hand hat, als ein stummes Stück Papier, wirklich hineinarbeiten. Und: Das gilt übrigens auch für E-Reader.

Fazit

Um das nochmal klarzustellen: Ich will E-Reader und Computer nicht verteufeln. Vielmehr geht es mir darum, Bücher nicht gänzlich aus unserer sehr schnelllebigen Welt zu verbannen. Wofür man den Text liest, hängt letztendlich von der Art des Textes ab. Will man etwas lernen oder sich in einen Roman vertiefen, ist auf jeden Fall ein gedrucktes Buch zu bevorzugen. Geht es jedoch tatsächlich um ein schnelles Erfassen von Informationen und Nachrichten, ein Querlesen oder kurzweilige Unterhaltung, dann ist der Bildschirm hier ganz gut geeignet. Alles was ich möchte ist, dass du wieder Lust hast mal wieder ein richtiges Buch in die Hand zu nehmen. Und ich hoffe auch, die hast du jetzt ein bisschen bekommen. Ach, und wenn du meinst, Bücher brauchen einfach viel zu viel wertvollen Platz, denke dran: ein volles Bücherregal wirkt immer sehr beeindruckend und hat einfach Stil. Und auch wenn mir das Herz blutet, während ich das schreibe: Bücher sind zuletzt ein hervorragendes Dämmungsmaterial und man kann sie zu guter Letzt auch als Möbel zweckentfremden.

Quellen

https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0883035512001127

https://www.scientificamerican.com/article/reading-paper-screens/

https://www.wired.com/2014/05/reading-on-screen-versus-paper/

https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0747563204000202

Buch von Maryanne Wolf: „Schnelles Lesen, langsames Lesen – Warum wir das Bücherlesen nicht verlernen dürfen“

Was ist denn nun mit der Nachhaltigkeit? Schließlich verbraucht die Herstellung von Papier sehr viele Ressourcen! Das ist Thema für einen weiteren Blogbeitrag 😉

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